Lampedusa war genau so, wie Touristen es sich immer wünschen

Spätsommer, Sonne, Meer, Fischfang, blauer Himmel und schöne Strände…

Am 3. Oktober hätte der Tag auf der Mittelmeerinsel angenehmer werden können: es gab kaum Wolken, die Temperatur war nicht mehr sommerlich, aber noch um die 24 Grad warm. Nur eine frische Brise ließ das Boot der Flüchtlinge schaukeln – etwas stimmte nicht, etwas war anders als an anderen Tagen …

So beginnt die Erzählerin mit der Geschichte von jenem 3. Oktober im Jahr 2013, der als Tag einer großen Tragödie an der italienischen Küste in die Geschichtsbücher eingegangen ist.

Geschichten bleiben in Erinnerung, wenn sie immer wieder nacherzählt werden. Erinnerungen bleiben in uns fest verankert, wenn unser Herz berührt wird. Neben zahlreichen positiven Erlebnissen sind es leider häufig die dramatischen Bilder, Szenen und Geschichten die sich tief in unser Gedächtnis einprägen. Wenn wir infolge dessen angerührt und ergriffen sind und unsere Empathie erbarmungslos von uns Besitz ergreift, dann vollziehen wir Handlungen, die auf den Punkt gebracht nur eines sind: menschlich. Um die Energie in Handlung umschlagen zu lassen, bedarf es dann nur noch einer entsprechenden Gelegenheit.

Diese Gelegenheit hat die Erzählerin ergriffen, sie gehört zu einer Gruppe von Sprecherinnen und Sprechern der Arbeitsgruppe Unser Herz schlägt auf Lampedusa. Der künstlerische Leiter Antonio Umberto Riccò hat im Oktober 2013 Zitate, Fotos und zahlreiche Berichte von Augenzeugen gesammelt und diese dramaturgisch zu einer Geschichte verwoben. Francesco Impastato komponierte die Musik und Christoph Isermann arrangiert sie.

Das Ergebnis ist die szenische Lesung `Ein Morgen vor Lampedusa´ welche bisher europaweit in über 250 Veranstaltungen für fast 25.000 Menschen präsentiert wurde und ebenso viele Herzen erreicht hat.

Zahlreiche Lesungen wurden von der Arbeitsgruppe selbst veranstaltet, aber die Mehrheit wurde von Dritten organisiert, die im Rahmen eines soziokulturellen Franchising die Organisation übernommen haben. Die Gelegenheit weiter zu erzählen und damit das Erlebte mit anderen Menschen zu teilen, haben viele genutzt. „Organisatoren erhalten von uns umfangreiche Unterstützung, die Basis dafür bildet eine Kooperationsvereinbarung“ sagt Antonio Umberto Riccò „bei jeder Lesung gibt es unter den Zuschauern Menschen, die die Lesung selbst an anderen Ort präsentieren möchten.“

„Darin besteht das Erfolgsgeheimnis des Projektes, welches sich fast von selbst `vermarktet´. Immerhin konnten im Lauf der letzten Jahre im Rahmen der zahlreichen Veranstaltungen fast 70.000,- Euro an Spenden gesammelt werden.“ berichtet Renate Blanke, die Koordinatorin der Arbeitsgruppe aus Hannover. „Wir wollen in erster Linie auf die dramatische Lage im Mittelmeer aufmerksam machen. Daneben konnte unserer kleine deutsch-italienische Gruppe mit den Spendengeldern die Arbeit von 180 Flüchtlingsorganisationen und Projekten finanziell unterstützen.“ so Blanke weiter. Neben ein klein wenig Stolz ist dies eher ein großer Ansporn, um weiterzumachen.

Neben Blanke und Riccò gehören vier Flüchtlingsorganisationen aus Niedersachsen zur Arbeitsgruppe: der Flüchtlingsrat Niedersachsen, das Medinetz Hannover, der Janusz-Korczak-Verein und Kargah (Werkstatt) e.V., ein Verein für interkulturelle Kommunikation, Flüchtlings- und Migrationsarbeit. Außerdem wichtiger Partner im Rahmen der Lesungen ist der „Spielkreis Theater der Matthias Kirche Hannover“ und die Firma „Girafe Music und Publishing“ von Christoph Isermann. Die Firma hat die Musik-CD produziert und sorgt für den `guten Ton´.

Im Rahmen des sozial-kulturellen Flüchtlingsschiffsprojektes „Mit Sicherheit gut ankommen“ wir die Lesung an 18 Stationen zu sehen und zu hören sein. Wir freuen uns auf die gemeinsame Zusammenarbeit!

Das Projekt in Zahlen:

Bis zum 04.07.2017 fanden 257 Lesungen mit ca. 23.550 Zuschauern statt. Sie wurden von der Arbeitsgruppe selbst und bundesweit von 420 Schulen, Vereinen, Kirchengemeinden, Städten und Gemeinden, Gewerkschaften, Parteien usw. veranstaltet.

Über 1016 Sprecherinnen und Sprecher haben den Text der Lesung vorgetragen. 233 Technikerinnen und Techniker haben bei den Lesungen mitgewirkt.

Bei den Veranstaltungen wurden 68.839,57 € von den Zuschauern gespendet. In diesem Betrag sind auch 2.909,70 € aus dem Verkauf von 549 CDs enthalten, die von der Firma Girafe Music & Publishing gespendet werden. Damit war es möglich, die Arbeit von 180 Flüchtlingsorganisationen und Projekten finanziell zu unterstützen.

Das Projekt wurde ab 2014 von vielen Unterstützern begleitet. Zur Zeit werden die Kosten des dritten Schulprojektes vom Sozialministerium Niedersachsen und von der Lotto-Sport-Stiftung Niedersachsen getragen. Die Niedersächsische Kultusministerin hat die Schirmherrschaft übernommen.

Mehrmals wurde das Projekt ausgezeichnet. Zuletzt erhielten wir den „Integrationspreis 2017“, vergeben von der Lotto-Sport-Stiftung. 2016 wurde Antonio Umberto Riccò vom Bündnis für Demokratie und Toleranz mit dem Titel „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ geehrt.

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