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Drei Tage Dresden. Bereits im Ansatz klingt das nach Spannung, Anspannung und Hochspannung. Vor über einem halben Jahr haben die Planungen zum Zwischenstopp auf unserer Reise in die wunderschöne Stadt an der Elbe begonnen. Zahlreiche Vorgespräche waren notwendig – viele verschiedene Plätze und Optionen wurden geprüft. Etliche Bedenken mussten ernst genommen und zerstreut werden, bis zu guter Letzt doch noch Vorfreude aufkam.

Das Schiff am Neustädter Hafen in Dresden – Photo by Sebi Berens

Doch der Reihe nach: alles begann mit einem Presseartikel im April diesen Jahres, in dem die Vermutung ausgesprochen wurde, wir würden das Schiff gern auf dem Neumarkt präsentieren. Zugegeben, diese Idee war nicht von uns, dennoch hat sie uns zwischenzeitlich sehr gut gefallen. Der Neumarkt liegt sehr zentral und bot bereits in der Vergangenheit eine wunderbare Kulisse für verschiedene Aktivitäten. Im Herzen der Stadt die Herzen der Dresdnerinnen und Dresdner zu erreichen – was kann es Schöneres geben? Wie erwartet ging ein Aufschrei durch die Kehlen und die Tastaturen der besorgten Bürger. Hunderte Kommentare, einer verachtender als der andere machten sehr schnell deutlich: die Dresdner scheinen uns nicht in der Stadt haben zu wollen. Ressentiments von Seiten selbsternannten „Kunstkenner“ und von Menschen, die sich nicht schon wieder mit dem Thema Flucht und Migration beschäftigen wollten wurden sehr plakativ zur Schau getragen. In zahlreichen Gesprächen off- und online bekamen wir aber sehr großen Zuspruch und wurden ermutigt, den Standort Dresden auf jeden Fall in unserer Reiseplanung zu belassen. Dank einer aktiven Unterstützung von Seiten der Projektpartner in Dresden, der Politik und der Stadtverwaltung aber auch dank der unkomplizierten Zusammenarbeit mit den Anrainern im Neustädter Hafen war die Ankunft des Schiffes nicht mehr aufzuhalten.

Petra Köpping, Schirmherrin – Photo by Sebi Berens

„Es ist sehr bedrückend, auf diesem Boot zu stehen“, sagt Petra Köpping (Sächsische Staatsministerin für Integration und Gleichstellung), nachdem sie sich bei der Eröffnung in Dresden auf dem Deck der Al-hadj Djumaa umgesehen hatte. Dort befinden sich über 70 Kupferskulpturen, die die Passagiere symbolisieren. Sie stehen stellvertretend für die 282 Menschen, die im Sommer 2013 nach zweieinhalb Tagen Überfahrt an der Küste Lampedusas ankamen. Die unvorstellbare Zahl von Männern, Frauen und Kindern, hatten sich, in jeden Winkel und jede Nische des Boots gezwängt, auf die gefährliche Überfahrt gemacht.

Diesen Eindruck der Enge, gekoppelt mit der zentralen Erkenntnis, wie groß Not und Leid sein müssen, damit man sich auf eine derart gefährliche Überfahrt einlässt, soll das sozial-kulurelle Schiffsprojekt „Mit Sicherheit gut ankommen“ vermitteln. Petra Köpping leitet in ihrem Grußwort zur Eröffnung dann folgerichtig den Appell ab, „den Menschen in ihren Ländern zu helfen, damit sie sich nicht auf einen solch gefährlichen Weg machen müssen“. In ein solches Boot setze sich jedenfalls nicht, „wer einfach nur Lust auf ein Leben im Luxus hat“, fügt sie an. Die Kulturbürgermeisterin Dresdens, Annekatrin Klepsch bezeichnet das Projekt neben dem der Busskulptur „Monument“ auf dem Neumarkt und der Collagen-Aktion „Lampedusa 361“ auf dem Theaterplatz als hervorragende Gelegenheit, mit den „Mitteln der Kunst in einen Dialog zu kommen“.

Bewusst geschieht das nicht auf dem Neumarkt, sondern am Neustädter Hafen in unmittelbarer Nähe zum Wasser und neben dem Herbergsschiff vom CVJM. „Das Projekt sollte im Vordergrund stehen und nicht vom Neumarkt mit all seiner geschichtlichen Bedeutung an den Rand gedrückt werden“, begründet Annekatrin Klepsch die Entscheidung der Stadt gegen einen Standort vor der Frauenkirche.

Wanderausstellung zum Thema Flucht und Migration – Photo by Sebi Berens

Dieses Konzept ist aufgegangen. In den drei Tagen am Dresdner Elbufer hatten wir einen ungebremsten Zulauf der Dresdnerinnen und Dresdner und der Gäste der Stadt. Zu manchen Zeiten bildeten sich Schlangen von Menschen, die das Schiff betreten wollten. „Wir wurden sehr herzlich empfangen“ sagte Gerald Mennen, „und wir haben neben einigen kritischen Gesprächen auch zahlreiche sehr persönlich betroffene Menschen erlebt.“. Das Frauennestwerk Dresden ergänzte unsere Ausstellungen mit einer sehr ergreifenden Präsentation persönlicher Flucht-Geschichten von Frauen, die hier in Dresden eine neue Heimat gefunden haben. Ein Tisch und zahlreiche Schalen stehen symbolisch für ein gelungenes und ein herzliches Ankommen.

Tisch des Frauennestwerks Dresden – Photo by Sebi Berens

Dresden war sowohl der südlichste als auch der östlichste Standort der gesamten Reise. Und es war der einzige Platz, an dem das Schiff an Land präsentiert werden musste. Die Tiefe des Fahrwassers am Oberlauf der Elbe erreichte gerade mal einen Pegel um 80 cm. Die Al-hadj Djumaa benötigt aber zum sicheren Fahren mindestens 110 cm Tiefe. So wurde für Dresden der An- und Abtransport auf einem Tieflader erforderlich.

In der Nacht zum 22. September verließ das Schiff den Hafen in Richtung Potsdam. Der Abschluss der Tour durch deutsche Städte ist Ende September in Berlin geplant.

Foto: Fotographer Fly – Ralf Menzel

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